04.12.2023, 09:43
Liebe Alle,
Ich interessiere mich für einen Einstieg in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Gibt es hier Tendenzen der verschiedenen Arbeitsbelastung?
Also bspw. dass Zivilrecht stressiger als Strafrecht, AG entspannter als LG oder vice versa ist?
Wie sind da eure Erfahrungen? Kann man generelle Tendenzen benennen?
Ich interessiere mich für einen Einstieg in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Gibt es hier Tendenzen der verschiedenen Arbeitsbelastung?
Also bspw. dass Zivilrecht stressiger als Strafrecht, AG entspannter als LG oder vice versa ist?
Wie sind da eure Erfahrungen? Kann man generelle Tendenzen benennen?
06.12.2023, 23:27
Strafrecht ist jedenfalls am LG wellenförmiger als Zivil. Ansonsten ist alles sehr individuell.
06.12.2023, 23:58
Es hängt vom Rechtsgebiet, von der Größe des Gerichts und deiner Entscheidungsfreude ab. Und vor allem auch von der Routine, die nach der Zeit automatisch kommt. Ich höre immer wieder und sehe es auch bei meinen Kollegen, dass die Horrorgeschichten mit 50 - 60 h pro Woche bei auf Lebenszeit ernannten Richtern definitiv nicht zutreffen. Ich selbst bin an einem AG in Zivil als Proberichter tätig, derzeit im 2. Jahr, bei mir sind's zwischen 35 und 40 h in der Woche.
07.12.2023, 08:05
Es hängt von vielen Faktoren ab, wie hoch die Belastung in der (ordentlichen) Gerichtsbarkeit ist. Das gilt hier für alle Anfragen a la: wie hoch wird die Belastung sein.
Landest Du - bspw. - in einer Kammer mit entspannten Rechtsgebieten, einem gelassenem Vorsitzenden und man freut sich einfach über Nachwuchs, dann wirst Du mit 40 Stunden pro Woche hinkommen.
Es kann aber auch die Hölle auf Erden sein, wenn Du in einem völlig abgesoffenen Dezernat landest und man wenig Verständnis dafür hat, wenn Du nicht 20 Erledigungen pro Monat in Bausachen hast. Wenn Du dann noch drölfzehn Entwürfe abliefern musst, die alle zerrissen werden, dann landest Du bei 70 Stunden aufwärts.
Das kann man so auch aufs Amtsgericht übertragen. Der Direktor kann die Losung ausgeben, dass man auf sich achten soll oder eben fordern, dass Du 14 Stunden im Haus bist, ansonsten wird es nichts mit dem „geeignet“.
Man kann es nur versuchen und dann entscheiden ob man mit ggf. hoher Belastung umgehen kann bzw. will.
Landest Du - bspw. - in einer Kammer mit entspannten Rechtsgebieten, einem gelassenem Vorsitzenden und man freut sich einfach über Nachwuchs, dann wirst Du mit 40 Stunden pro Woche hinkommen.
Es kann aber auch die Hölle auf Erden sein, wenn Du in einem völlig abgesoffenen Dezernat landest und man wenig Verständnis dafür hat, wenn Du nicht 20 Erledigungen pro Monat in Bausachen hast. Wenn Du dann noch drölfzehn Entwürfe abliefern musst, die alle zerrissen werden, dann landest Du bei 70 Stunden aufwärts.
Das kann man so auch aufs Amtsgericht übertragen. Der Direktor kann die Losung ausgeben, dass man auf sich achten soll oder eben fordern, dass Du 14 Stunden im Haus bist, ansonsten wird es nichts mit dem „geeignet“.
Man kann es nur versuchen und dann entscheiden ob man mit ggf. hoher Belastung umgehen kann bzw. will.
07.12.2023, 10:27
(07.12.2023, 08:05)Schreiberling [MV] schrieb: Es hängt von vielen Faktoren ab, wie hoch die Belastung in der (ordentlichen) Gerichtsbarkeit ist. Das gilt hier für alle Anfragen a la: wie hoch wird die Belastung sein.
Landest Du - bspw. - in einer Kammer mit entspannten Rechtsgebieten, einem gelassenem Vorsitzenden und man freut sich einfach über Nachwuchs, dann wirst Du mit 40 Stunden pro Woche hinkommen.
Es kann aber auch die Hölle auf Erden sein, wenn Du in einem völlig abgesoffenen Dezernat landest und man wenig Verständnis dafür hat, wenn Du nicht 20 Erledigungen pro Monat in Bausachen hast. Wenn Du dann noch drölfzehn Entwürfe abliefern musst, die alle zerrissen werden, dann landest Du bei 70 Stunden aufwärts.
Das kann man so auch aufs Amtsgericht übertragen. Der Direktor kann die Losung ausgeben, dass man auf sich achten soll oder eben fordern, dass Du 14 Stunden im Haus bist, ansonsten wird es nichts mit dem „geeignet“.
Man kann es nur versuchen und dann entscheiden ob man mit ggf. hoher Belastung umgehen kann bzw. will.
Wobei ich da aus eigener Erfahrung und von Hörensagen sagen kann, dass am Amtsgericht die Direktoren in aller Regel entspannt sind, solange deine offenen Verfahren nicht dauerhaft in die Höhe steigen. Dass nach 6 Monaten dein Dezernat noch nicht kleiner geworden ist, wird dir niemand vorwerfen.
07.12.2023, 17:17
(07.12.2023, 08:05)Schreiberling [MV] schrieb: Es hängt von vielen Faktoren ab, wie hoch die Belastung in der (ordentlichen) Gerichtsbarkeit ist. Das gilt hier für alle Anfragen a la: wie hoch wird die Belastung sein.
Landest Du - bspw. - in einer Kammer mit entspannten Rechtsgebieten, einem gelassenem Vorsitzenden und man freut sich einfach über Nachwuchs, dann wirst Du mit 40 Stunden pro Woche hinkommen.
Es kann aber auch die Hölle auf Erden sein, wenn Du in einem völlig abgesoffenen Dezernat landest und man wenig Verständnis dafür hat, wenn Du nicht 20 Erledigungen pro Monat in Bausachen hast. Wenn Du dann noch drölfzehn Entwürfe abliefern musst, die alle zerrissen werden, dann landest Du bei 70 Stunden aufwärts.
Das kann man so auch aufs Amtsgericht übertragen. Der Direktor kann die Losung ausgeben, dass man auf sich achten soll oder eben fordern, dass Du 14 Stunden im Haus bist, ansonsten wird es nichts mit dem „geeignet“.
Man kann es nur versuchen und dann entscheiden ob man mit ggf. hoher Belastung umgehen kann bzw. will.
Derartige AG Direktoren halte ich in der Breite allerdings für ein Gerücht. ProRi wachsen nicht auf Bäumen. Mal davon abgesehen, dass man auf leere Drohungen auch als ProRi nicht unbedingt eingehen muss. Und keine Baukammer verhandelt 20 Sachen allein aus einem Dezernat (selbst wenn man das mal als Übertreibung annimmt) im Monat (als Kammer), weil da spätestens der andere BE streikt.
Ich würde derartige Horrorgeschichten wirklich als Einzelfälle betrachten, die sich in keiner Weise mit dem decken, was ich - auch von allen Kollegen - kennengelernt habe.
07.12.2023, 18:28
würdet ihr generell das Zivilrecht oder das Strafrecht als arbeitsintensiver einschätzen ?
Als grobe Tendenz.
Als grobe Tendenz.
07.12.2023, 20:51
Am LG tendenziell Zivilrecht, weil man in einer Strafkammer eben nur begrenzt Sitzungstage machen kann. Am LG kann es eben vorkommen, dass man ein schlechtes Dezernat bekommt, in dem der Vorgänger völlig durcheinander und ohne Achtung bereits terminiert hat und man einfach nicht in den Flow kommt.
Am AG kann ich schlecht beurteilen.
Am AG kann ich schlecht beurteilen.
07.12.2023, 22:45
(07.12.2023, 18:28)JuraLiebhaber schrieb: würdet ihr generell das Zivilrecht oder das Strafrecht als arbeitsintensiver einschätzen ?
Als grobe Tendenz.
Am AG ist Strafrecht etwas entspannter als Zivil, finde ich, da die Urteile deutlich kürzer sind. Dafür ist in Straf der Aktendurchlauf etwas höher. Beides ist jedenfalls sehr gut machbar und gerade auch am AG interessant.
07.12.2023, 23:36
(07.12.2023, 17:17)1Ri schrieb:(07.12.2023, 08:05)Schreiberling [MV] schrieb: Es hängt von vielen Faktoren ab, wie hoch die Belastung in der (ordentlichen) Gerichtsbarkeit ist. Das gilt hier für alle Anfragen a la: wie hoch wird die Belastung sein.
Landest Du - bspw. - in einer Kammer mit entspannten Rechtsgebieten, einem gelassenem Vorsitzenden und man freut sich einfach über Nachwuchs, dann wirst Du mit 40 Stunden pro Woche hinkommen.
Es kann aber auch die Hölle auf Erden sein, wenn Du in einem völlig abgesoffenen Dezernat landest und man wenig Verständnis dafür hat, wenn Du nicht 20 Erledigungen pro Monat in Bausachen hast. Wenn Du dann noch drölfzehn Entwürfe abliefern musst, die alle zerrissen werden, dann landest Du bei 70 Stunden aufwärts.
Das kann man so auch aufs Amtsgericht übertragen. Der Direktor kann die Losung ausgeben, dass man auf sich achten soll oder eben fordern, dass Du 14 Stunden im Haus bist, ansonsten wird es nichts mit dem „geeignet“.
Man kann es nur versuchen und dann entscheiden ob man mit ggf. hoher Belastung umgehen kann bzw. will.
Derartige AG Direktoren halte ich in der Breite allerdings für ein Gerücht. ProRi wachsen nicht auf Bäumen. Mal davon abgesehen, dass man auf leere Drohungen auch als ProRi nicht unbedingt eingehen muss. Und keine Baukammer verhandelt 20 Sachen allein aus einem Dezernat (selbst wenn man das mal als Übertreibung annimmt) im Monat (als Kammer), weil da spätestens der andere BE streikt.
Ich würde derartige Horrorgeschichten wirklich als Einzelfälle betrachten, die sich in keiner Weise mit dem decken, was ich - auch von allen Kollegen - kennengelernt habe.
Und genau darum ging es in meinem Beitrag. Und die Frage lautete wie hoch die Arbeitsbelastung ist bzw. sein kann. Klar ist das eine Horrorgeschichte, die aber eben vorkommt. Ist wie mit dem Fliegen…wenn das Flugzeug abstürzt und Du drin sitzt, bringt Dir die Tatsache nichts, dass das wirklich sehr unwahrscheinlich ist. Und so ist es - meiner Erfahrung nach - auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.