14.11.2018, 16:45
(13.11.2018, 08:30)GPA Hamburg schrieb: Moin Ius und Forum,Liebsten Dank für deinen Rat und die konkreten Hinweise!
leider weiß ich nicht, wie es bei Strafverteidigern organisiert ist, aber für den Wirtschaftsrechtsbereich kann ich ein wenig berichten:
Bei Bewerbern achten wir auf eine Schwerpunktsetzung bzw. stimmige Geschichte im Lebenslauf. Wenn ein Bewerber einen ganz anderen Schwerpunkt aufweist, dann sollte sich schon im Anschreiben ergeben wieso er ausgerechnet zu uns will. D.h. das "übliche" Initiativanschreiben ist dann vielleicht zu wenig.
Wenn sowohl Studium als auch Ref auf SR ausgerichtet sind, kann es ggf sinnvoll sein eine nahe Nische zu suchen oder eine Kanzlei mit potentieller Schnittmenge, z.B. Compliance, Steuer & Wirtschaftsstrafrecht oder Verkehrsrecht (dann natürlich viele Owis dabei). Zwar hat die Gästin Recht, dass Roxin und andere aus der Liga extreme Notenanforderungen stellen. Das gilt aber nicht für alle mittelständischen Kanzleien.
Soll es denn "blutig" sein, oder kommen auch Wirtschafts-, Steuer- oder Zollstrafsachen in Betracht? In letzterem Fall kann ggf. eine entsprechend ausgerichtete Doktorarbeit oder Fortbildungen in dem Bereich ein tolles zusätzliches Asset sein. Zudem hättest Du dann kein "Erklärungsproblem".
Wenn Du komplett auf die dunkle Seite der Macht wechseln willst (wir haben eindeutig die besseren Kaffeemaschinen und Kekse), dann kannst Du vielleicht eine schlüssige Geschichte über Seminare, Stationen, Hobbies "erzählen".
Z.B. wenn Du in der ÖR Station mit Thema X in Kontakt gekommen bist und dann festgestellt hast, wie spannend das in der Praxis ist ...
Oder Du hast jetzt alles über DS-GVO etc. gelesen und findest das ein Thema Datenschutz/IT-Recht für die Zukunft besonders wichtig und siehst dort tolle Chancen
wichtig ist bei einem angestellten Anwalt einfach immer, dass die Kanzlei einen (gemeinsamen) Mehrwert in der Anstellung erkennt.
Dabei musst Du berücksichtigen, dass sich ein Anwalt für die Kanzlei idR erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit rentiert. Deswegen stellen wir auch keine festen RA an, wenn wir denken, dass der Bewerber nur eine Zwischenlösung sucht bzw. sich zu offensichtlich denkt "besser als nix".
Bei freier Mitarbeit hat eine Kanzlei weit weniger Kosten (AG-Anteile und Abgaben fallen ja weg) und weniger Risiko. Deswegen ist das für kleine Einheiten teilweise Mittel der Wahl -oder eben wenn man kurzfristige Arbeitsspitzen abfangen muss. Das aber mE insgesamt mehr eine Zwischenlösung, z.B. für den Verbesserungsversuch.
Was persönlich passt ist aber immer individuell zu betrachten.
Insgesamt klingt bei Dir -wahrscheinlich auch der Forumssituation geschuldet- eine für Arbeitgeber aber auch für Dich "schwierige" Motivationslage durch.
Denn Sicherheit ist mE ein eher schwaches Argument, um einen Job erfolgreich und gut zu erfüllen.
Ich kann GÄSTIN nur zustimmen: die meisten guten und erfolgreichen Anwälte, die ich kenne, lieben ihren Job und könnten sich Richter oder StA kaum vorstellen (oder finden es offen schrecklich).
Überall wo die Praxis halbwegs Spaß macht und halbwegs gut bezahlt ist, musst Du Dich zudem auf eine Arbeitswoche einstellen, die deutlich über 40 Stunden liegt...
Im Übrigen ist man als StA weisungsgebunden (richterliche Freiheit existiert dort nicht) und damit nicht unbedingt unabhängiger als als Anwalt...
Vielleicht denkst Du einfach darüber nach, welche Erwartungen Du an Deine Arbeit hast (z.B. "ich möchte forensische tätig sein, und nicht nur am Schreibtisch hocken") und in wie fern Du diese in den jeweiligen Berufen umsetzen kannst.
Ich denke zum jetzigen Zeitpunkt, so kurz vor dem Examen, ist das Gedankenmachen eher schwierig und würde das eher auf die Wahlstation legen wollen. Aber es ist richtig, erstmal die Grundstatuten für sich selbst festzumachen. Dafür sind aber mE Eindrücke von außen nötig, die mir persönlich leider nicht durch die Stationsarbeit vermittelt wurden.
Ich weiß zwar für mich so ungefähr, womit ich langfristig niemals glücklich würde (bspw. pure Wirtschaftssachen, klar ab und zu mal ein Fall kein Thema, aber das soll nicht Kern meiner Arbeit später werden, da gibt es sicher fachlich besser aufgestellte Leute).
Aber wie sich vielleicht aus meinem Ausgangspost ergibt, habe ich das Gefühl, mir gerade mit dieser Einstellung gefühlt sämtliche Perspektiven abzuschneiden, die man mit einer juristischen Ausbildung bekommt. Aber bei dem was ich bisher so lese, scheint ja noch nicht alle Hoffnung verloren :D Insbesondere, da die klassischen Jobplattformen von bspw. Strafrechtlern bzw. generell kleiner organisierten Kanzleien/Unternehmen wenig genutzt werden. Das hilft mir schonmal weiter zu erkennen, dass man da über den "Tellerrand" der gewöhnlichen Plattformen hinaus gehen sollte. Das mag für einige selbstverständlich klingen, also schonmal sorry wenn ich für die Erkenntnis etwas länger gebraucht habe :)
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