30.09.2020, 16:43
(30.09.2020, 15:11)Gast schrieb: Mal eine Frage zu einem realen Fall:
A sticht B ohne Vorwarnung 2x in den Hals und verfehlt knapp die Halsschlagader. A sieht, dass B noch steht, steckt aber das Messer weg. B überlebt mit entsprechender Hilfe, wäre aber ohne die Hilfe verblutet. Zu einem Tötungsvorsatz lässt sich nichts weiter feststellen, jedenfalls hat A nichts entsprechendes geäußert.
Zunächst wurde A angeklagt wegen versuchten Totschlags, später jedoch aufgrund Rücktritts nur wegen gefährlicher KV verurteilt.
Für mich ist der Rücktritt logisch. Dass die Tathandlung nicht ausreichend ist, um den Erfolg herbeizuführen, hat A ja erkannt. Dennoch kenne ich einige Strafrechtler aus der Justiz persönlich, die davon ausgehen, dass hier der A davon ausgehen musste, dass der Tötungserfolg eingetreten sei - wenn auch nicht sofort. Denn nur weil B kurz nach dem Stich noch lebte, hätte er auch einige Stunden später sterben können. Aus Sicht des A lag daher ein beendeter Versuch vor.
Mir erscheint die Lösung aus dem Urteil naheliegender.
Da kann man mutmaßen, wie man will. Es kommt letztendlich auf die Vorstellung des Täters an und die wird sich nicht mit Sicherheit feststellen lassen, daher wird im Zweifel die günstigere Auslegung gewählt.
Der klassische Messerstecher mit dem entsprechenden Bildungshintergrund, möglichst auch noch mit Alkohol im Blut, wird aber erfahrungsgemäß nicht davon ausgehen, dass seine Stiche "irgendwann später mal" zum Tod führen können, wenn der Geschädigte nach zwei Stichen noch steht. So weit wird üblicherweise nicht gedacht. Aber auch das ist eine Mutmaßung anhand Erfahrungswerten und ersetzt keine Feststellung im Einzelfall.
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Unmittelbares ansetzen - von Jurahesse - 28.08.2020, 14:18
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