07.08.2022, 11:47
(07.08.2022, 10:57)guga schrieb: definiere juristisch anspruchsvoll
Man muss auch hin und wieder mal einen oder zwei Kommentare aufschlagen und findet die Lösung nicht nach fünf Minuten im Fischer, wäre ein guter Anfang. Ich bin allerdings auch noch im Referendariat, es kann sein, dass ich falsche Vorstellungen von der Praxis habe.
07.08.2022, 12:05
(07.08.2022, 11:47)Gast schrieb:(07.08.2022, 10:57)guga schrieb: definiere juristisch anspruchsvoll
Man muss auch hin und wieder mal einen oder zwei Kommentare aufschlagen und findet die Lösung nicht nach fünf Minuten im Fischer, wäre ein guter Anfang. Ich bin allerdings auch noch im Referendariat, es kann sein, dass ich falsche Vorstellungen von der Praxis habe.
In der Wirtschaft z.B. Da ist meistens auch die Gegenseite richtig gut drauf. Allerdings kommt es immer darauf an, was die jeweilige StA unter Wirtschaft versteht. Ich meine die Wirtschaft, die den "Kleinkram" in die Allgemeine abgeben kann. Also eher bei den wirklich großen StAen.
07.08.2022, 12:43
(07.08.2022, 11:47)Gast schrieb:(07.08.2022, 10:57)guga schrieb: definiere juristisch anspruchsvoll
Man muss auch hin und wieder mal einen oder zwei Kommentare aufschlagen und findet die Lösung nicht nach fünf Minuten im Fischer, wäre ein guter Anfang. Ich bin allerdings auch noch im Referendariat, es kann sein, dass ich falsche Vorstellungen von der Praxis habe.
Und ist das irgendwie ein erstrebenswerter Zustand? Man schlägt nach, wenn man etwas nicht weiß. Nichtwissen im Job nervt einen selbst. Das kostet Zeit.
07.08.2022, 14:09
Sicher kommt es auf den individuellen Zuschnitt der Behörde bzw. Abteilung an, aber ich meine es gibt in folgenden Bereichen eher anspruchsvolle Fragestellungen:
- Wirtschaft
- OK (vor allem wegen der ggf. koordinierten Ermittlungsmaßnahmen mit den Fachkommissariaten und deren Zulässigkeit, z.B. Observationsmaßnahmen und intensive Hauptverhandlungen)
- Kap (siehe OK)
- Politisches (interessante, teilweise der OK ähnliche Strukturen, hochintensive Hauptverhandlungen)
zudem mit Einschränkungen
- Sexualdelikte (besonders häufig Aussage-gegen-Aussage Konstellationen)
- Brandsachen (von Beschuldigten mit psychischen Auffälligkeiten bis zur heißen Sanierung)
- Wirtschaft
- OK (vor allem wegen der ggf. koordinierten Ermittlungsmaßnahmen mit den Fachkommissariaten und deren Zulässigkeit, z.B. Observationsmaßnahmen und intensive Hauptverhandlungen)
- Kap (siehe OK)
- Politisches (interessante, teilweise der OK ähnliche Strukturen, hochintensive Hauptverhandlungen)
zudem mit Einschränkungen
- Sexualdelikte (besonders häufig Aussage-gegen-Aussage Konstellationen)
- Brandsachen (von Beschuldigten mit psychischen Auffälligkeiten bis zur heißen Sanierung)
07.08.2022, 15:51
Ich fand die allgemeine Abteilung durchaus reizvoll, weil man das Kleinzeug gut strukturiert wegarbeiten muss, um sich Zeit für die wirklich spannenden Sachen zu schaffen. Vermögensabschöpfung, Haftsachen, große Vielfalt und kuriose Sachverhalte - ich hab's gern gemacht. Als Strafrechtler habe ich mich aber nie verstanden, vielleicht hat es deshalb gut getan...
07.08.2022, 22:43
(06.08.2022, 21:49)Gast schrieb: Allein der Threadtitel deutet schon auf einen Troll hin. Das setzt voraus, dass dem tatsächlich so wäre.
Stimmt, jetzt wo das sagst, habe ich den Thread etwas ungünstig betitelt. Tatsächlich wollte ich aber gar nicht trollen, sondern wirklich mal in die Runde fragen. Ich hoffe, das wird in den Ausführungen zur Überschrift aber dann doch irgendwie deutlich.
08.08.2022, 00:06
In dem Titel wird offensichtlich ein Stilmittel verwendet. In diesem Zusammenhang bedeutet "niemand" nicht wirklich "niemand". Und das wird auch von niemandem (haha) so verstanden. Von dem Titel auf die Intention des Autors zu schließen... gewagt.
Ich habe meine Ref-Station bei einer wirklich sher sehr großen Staatsanwaltschaft gemacht. Dort in der Abteilung für Wirtschaftssachen (allgemeine + ein paar Spezialsachen; keine Schwerpunktstaatsanwaltschaft oder sowas). Dort es es die totale Katastrophe und juristisches Denken hätte bei der Aufgabenerledigung nur im Weg gestanden. Die Anzeigen kamen teilweise von anderen Behörden (Betrugssachen), was es nicht gerade besser gemacht hatte. Allgemein sah es in der Wirtschaftsabteilung genau so aus wie anderswo, insbesondere wohl auch nicht besser als in den allgemeinen Derzernaten (dort kann es unmöglich noch schlimmer sein). Unter dem spannenden Namen "Wirtschaftssachen" versteckt sich dann nicht mehr und nicht weniger als total simple Fälle von § 265a StGB. Diese Fälle sind nicht anders als Besitz von Cannabis, Gefährdung im Straßenverkehr oder Ladendiebstähle. Hinzu kommen Strafanzeigen, die zwar komplex aussehen und auf dem Hochglanzpapier irgendeiner Wirtschaftskanzlei, einer Bank oder eines Insolvenzverwalters gedruckt sind, bei denen es strafrechtlich aber total langweilig zugeht. Teilweise handelte es sich auch einfach nur um Querulantentum auf hohem Niveau. Mit der Strafanzeige sollte ganz einfach nur irgendetwas anderes erreicht werden oder man wollte nichts unversucht lassen, um in einem Insolvenzverfahren einen deliktischen Anspruch in der Hand halten oder den Geschäftsführer in Haftung nehmen zu können. Offensichtlich gehören in Wirtschaftssachen dicke Akten mit tausenden von Zahlen auch irgendwie dazu.
Kapitaldelikte kenne ich nicht. Oder nur aus Hauptverhandlungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass da mehr Ermittlungsarbeit geleistet wird und man pro Jahr auch nicht so viele Mörder anklagen muss wie Schwarzfahrer. Aber von der strafrechtlichen Seite aus scheint mir ein Mord nicht anspruchsvoller zu sein als eine Nötigung.
Politische Sachen sind auch so ein Ding. Das klingt zwar interessant. Selbst bei der wirklich sehr sehr großen Staatsanwaltschaft, bei der ich war, handelte es sich bei den politischen Sachen am Ende immer um Hakenkreuz-Schmierereien oder um Beleidigungen, die rassistisch motiviert sein könnten ("du dummer Trottel" = allgemeines Derzenat; "du dummer Ösi" = politisches Dezernat).
Im Rahmen des Sitzungdienstes habe ich auch immer Fälle gehabt, die aus irgendwelchen Spezialdezernaten kamen. Offentlich haben die aber alle mit Kleinkram zu kämpfen gehabt (sonst hätte ich diese Fälle ja nicht bekommen). Und die waren auch oft genug von sehr erfahrenen (also alten) Staatsanwälten gezeichnet. Und da der angeklagte Sachverhalt doch immer mal wieder nur halb ermittelt war und die juristische Einordnung nicht immer so ganz überzeugend war, muss ich leider vermuten, dass diese Fälle aus Zeitgründen nicht anständig bearbeitet worden werden konnten.
Das alles trotz sehr großer Staatsanwaltschaft, trotz Spezialdezernaten, trotz alteingesessenen Staatsanwälten.
Ich habe meine Ref-Station bei einer wirklich sher sehr großen Staatsanwaltschaft gemacht. Dort in der Abteilung für Wirtschaftssachen (allgemeine + ein paar Spezialsachen; keine Schwerpunktstaatsanwaltschaft oder sowas). Dort es es die totale Katastrophe und juristisches Denken hätte bei der Aufgabenerledigung nur im Weg gestanden. Die Anzeigen kamen teilweise von anderen Behörden (Betrugssachen), was es nicht gerade besser gemacht hatte. Allgemein sah es in der Wirtschaftsabteilung genau so aus wie anderswo, insbesondere wohl auch nicht besser als in den allgemeinen Derzernaten (dort kann es unmöglich noch schlimmer sein). Unter dem spannenden Namen "Wirtschaftssachen" versteckt sich dann nicht mehr und nicht weniger als total simple Fälle von § 265a StGB. Diese Fälle sind nicht anders als Besitz von Cannabis, Gefährdung im Straßenverkehr oder Ladendiebstähle. Hinzu kommen Strafanzeigen, die zwar komplex aussehen und auf dem Hochglanzpapier irgendeiner Wirtschaftskanzlei, einer Bank oder eines Insolvenzverwalters gedruckt sind, bei denen es strafrechtlich aber total langweilig zugeht. Teilweise handelte es sich auch einfach nur um Querulantentum auf hohem Niveau. Mit der Strafanzeige sollte ganz einfach nur irgendetwas anderes erreicht werden oder man wollte nichts unversucht lassen, um in einem Insolvenzverfahren einen deliktischen Anspruch in der Hand halten oder den Geschäftsführer in Haftung nehmen zu können. Offensichtlich gehören in Wirtschaftssachen dicke Akten mit tausenden von Zahlen auch irgendwie dazu.
Kapitaldelikte kenne ich nicht. Oder nur aus Hauptverhandlungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass da mehr Ermittlungsarbeit geleistet wird und man pro Jahr auch nicht so viele Mörder anklagen muss wie Schwarzfahrer. Aber von der strafrechtlichen Seite aus scheint mir ein Mord nicht anspruchsvoller zu sein als eine Nötigung.
Politische Sachen sind auch so ein Ding. Das klingt zwar interessant. Selbst bei der wirklich sehr sehr großen Staatsanwaltschaft, bei der ich war, handelte es sich bei den politischen Sachen am Ende immer um Hakenkreuz-Schmierereien oder um Beleidigungen, die rassistisch motiviert sein könnten ("du dummer Trottel" = allgemeines Derzenat; "du dummer Ösi" = politisches Dezernat).
Im Rahmen des Sitzungdienstes habe ich auch immer Fälle gehabt, die aus irgendwelchen Spezialdezernaten kamen. Offentlich haben die aber alle mit Kleinkram zu kämpfen gehabt (sonst hätte ich diese Fälle ja nicht bekommen). Und die waren auch oft genug von sehr erfahrenen (also alten) Staatsanwälten gezeichnet. Und da der angeklagte Sachverhalt doch immer mal wieder nur halb ermittelt war und die juristische Einordnung nicht immer so ganz überzeugend war, muss ich leider vermuten, dass diese Fälle aus Zeitgründen nicht anständig bearbeitet worden werden konnten.
Das alles trotz sehr großer Staatsanwaltschaft, trotz Spezialdezernaten, trotz alteingesessenen Staatsanwälten.
08.08.2022, 10:50
(07.08.2022, 15:51)Praktiker schrieb: Ich fand die allgemeine Abteilung durchaus reizvoll, weil man das Kleinzeug gut strukturiert wegarbeiten muss, um sich Zeit für die wirklich spannenden Sachen zu schaffen. Vermögensabschöpfung, Haftsachen, große Vielfalt und kuriose Sachverhalte - ich hab's gern gemacht. Als Strafrechtler habe ich mich aber nie verstanden, vielleicht hat es deshalb gut getan...
+1 - gefällt mir bisher auch sehr gut.
ich würde mich aktuell in einem spezialdez eher etwas eingeschränkt fühlen, denn es sind meist immer dieselben 5 paragrapgen - aber das mag ich mot etwas mehr erfahrung sodann gerne erneut beurteilen.
eine gute mischung aus kleinkram und tiefenarbeit hoffe ich eines tages im btm bereich zu finden.
einzig die psychisch "belasteten" anzeigeerstatter würden ich im allgemeinen gerne eintauschen... man weiß sofort, dass da nur arbeitszeit für nichts drauf geht.
08.08.2022, 13:55
(08.08.2022, 10:50)Gast schrieb:(07.08.2022, 15:51)Praktiker schrieb: Ich fand die allgemeine Abteilung durchaus reizvoll, weil man das Kleinzeug gut strukturiert wegarbeiten muss, um sich Zeit für die wirklich spannenden Sachen zu schaffen. Vermögensabschöpfung, Haftsachen, große Vielfalt und kuriose Sachverhalte - ich hab's gern gemacht. Als Strafrechtler habe ich mich aber nie verstanden, vielleicht hat es deshalb gut getan...
+1 - gefällt mir bisher auch sehr gut.
ich würde mich aktuell in einem spezialdez eher etwas eingeschränkt fühlen, denn es sind meist immer dieselben 5 paragrapgen - aber das mag ich mot etwas mehr erfahrung sodann gerne erneut beurteilen.
eine gute mischung aus kleinkram und tiefenarbeit hoffe ich eines tages im btm bereich zu finden.
einzig die psychisch "belasteten" anzeigeerstatter würden ich im allgemeinen gerne eintauschen... man weiß sofort, dass da nur arbeitszeit für nichts drauf geht.
Querulanten hast du leider überall in der Justiz.
Ansonsten wüsste ich auch nicht, was an der allgemeinen Abteilung schlecht sein soll. Man hat fast nur dort die ganze Bandbreite. Sitzt man eine Weile auf dem Dezernat, kann man da auch wunderbar arbeiten.