22.12.2020, 18:52
Hallo zusammen!
Beim Lernen bzw. Klausur schreiben habe ich gemerkt, dass ich ein wenig Probleme mit der Bearbeitung habe, sobald es um Dinge wie Schuldanerkenntnis, Bürgschaft u.ä. geht.
Zwar kann ich die Klausur anscheinend einigermaßen lösen, aber mir wird immer wieder angekreidet, dass die Grundlage (also Schuldanerkenntnis <> Schuldübernahme <> Bürgschaft <> Sicherungsvertrag ...) nicht die Richtige ist.
Kann mir evtl. jemand ganz einfach die Unterschiede erklären?
Warum kann eine Bürgschaft zB kein Anerkenntnis sein? Immerhin kann man ein Anerkenntnis auch für einen Dritten abgeben. Wieso kann ein Anerkenntnis nicht Schuldübernahme sein?
Auch aus dem Kommentar erschließt sich mir die Abgrenzung des Anerkenntnis nach §§780 ff. BGB zu §414 u.a. nicht wirklich. Außer, dass das Anerkenntis ein "einseitiger Vertrag" ist im Vergleich zu den anderen Fällen.
Dankeschön erstmal!
VG
Beim Lernen bzw. Klausur schreiben habe ich gemerkt, dass ich ein wenig Probleme mit der Bearbeitung habe, sobald es um Dinge wie Schuldanerkenntnis, Bürgschaft u.ä. geht.
Zwar kann ich die Klausur anscheinend einigermaßen lösen, aber mir wird immer wieder angekreidet, dass die Grundlage (also Schuldanerkenntnis <> Schuldübernahme <> Bürgschaft <> Sicherungsvertrag ...) nicht die Richtige ist.
Kann mir evtl. jemand ganz einfach die Unterschiede erklären?
Warum kann eine Bürgschaft zB kein Anerkenntnis sein? Immerhin kann man ein Anerkenntnis auch für einen Dritten abgeben. Wieso kann ein Anerkenntnis nicht Schuldübernahme sein?
Auch aus dem Kommentar erschließt sich mir die Abgrenzung des Anerkenntnis nach §§780 ff. BGB zu §414 u.a. nicht wirklich. Außer, dass das Anerkenntis ein "einseitiger Vertrag" ist im Vergleich zu den anderen Fällen.
Dankeschön erstmal!
VG
22.12.2020, 21:44
Vielleicht hilft eine oberflächliche Unterscheidung, sozusagen ein Blick von oben:
Bei der Bürgschaft kommt zu einer Schuld ein zweiter Schuldner hinzu, der sich für den eigentlichen Schuldner zusätzlich verpflichtet. Der Gläubiger hat gegenüber dem Bürgen also vor der Bürgschaft gar keinen Anspruch, der Bürge verpflichtet sich aber als "zweiter Schuldner" neben (selbstschuldnerische Bürgschaft) oder nach dem eigentlichen Schuldner zu haften.
Das Schuldanerkenntnis gibt der eigentliche Schuldner selbst ab und bezieht sich dabei auf das Bestehen der Forderung: bestand schon vor der Erklärung eine Schuld, die er nur bestätigen will, handelt es sich um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Bestand noch keine Schuld, sondern soll erst eine neue Schuld begründet werden, ist es ein konstitutives Schuldanerkenntnis.
Die Schuldübernahme ist das Gegenstück zur Abtretung: so wie ein Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner auf einen neuen Gläubiger übertragen (abtreten) kann, kann der Schuldner seine Schuld gegenüber dem Gläubiger auf einen neuen Schuldner übertragen (Schuldübernahme). Der Unterschied zur Bürgschaft ist der, dass bei der Bürgschaft der Schuldner und der Bürge beide haften können, der Gläubiger hat also grundsätzlich zwei Schuldner, von denen er Geld verlangen kann. Bei der Schuldübernahme ist der alte Schuldner "raus" und der neue - übernehmende - Schuldner ist die Person, an die sich der Gläubiger zu wenden hat.
Konkret zu deinen Fragen:
Eine Bürgschaft kann kein Anerkenntnis sein, weil bei der Bürgschaft kein eigenes Schuldverhältnis mit dem Gläubiger anerkannt wird, sondern nur in Bezug auf das eigentliche, schon bestehende Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner die eigene Haftung zusätzlich begründet wird. Das sagt über den Bestand oder Nichtbestand der Forderung/Schuld zwischen Gläubiger <-> Schuldner erst einmal nichts aus.
Bei der Schuldübernahme das gleiche: die Hauptforderung steht hier nicht in Frage, sondern nur die Möglichkeit ihrer Übertragung von Schuldner "alt" auf Schuldner "neu".
Wenn also im SV streitig ist, ob überhaupt eine Forderung besteht oder nicht, würde ich nach einem etwaigen Schuldanerkenntnis schauen. Besteht schon eine Forderung, es ist aber unklar, gegen wen sich der Gläubiger wenden kann, würde ich nach einer Bürgschaft (Haftung neben dem ursprünglichen Schuldner) oder Schuldübernahme (Haftung statt dem ursprünglichen Schuldner) schauen.
Bei der Bürgschaft kommt zu einer Schuld ein zweiter Schuldner hinzu, der sich für den eigentlichen Schuldner zusätzlich verpflichtet. Der Gläubiger hat gegenüber dem Bürgen also vor der Bürgschaft gar keinen Anspruch, der Bürge verpflichtet sich aber als "zweiter Schuldner" neben (selbstschuldnerische Bürgschaft) oder nach dem eigentlichen Schuldner zu haften.
Das Schuldanerkenntnis gibt der eigentliche Schuldner selbst ab und bezieht sich dabei auf das Bestehen der Forderung: bestand schon vor der Erklärung eine Schuld, die er nur bestätigen will, handelt es sich um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Bestand noch keine Schuld, sondern soll erst eine neue Schuld begründet werden, ist es ein konstitutives Schuldanerkenntnis.
Die Schuldübernahme ist das Gegenstück zur Abtretung: so wie ein Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner auf einen neuen Gläubiger übertragen (abtreten) kann, kann der Schuldner seine Schuld gegenüber dem Gläubiger auf einen neuen Schuldner übertragen (Schuldübernahme). Der Unterschied zur Bürgschaft ist der, dass bei der Bürgschaft der Schuldner und der Bürge beide haften können, der Gläubiger hat also grundsätzlich zwei Schuldner, von denen er Geld verlangen kann. Bei der Schuldübernahme ist der alte Schuldner "raus" und der neue - übernehmende - Schuldner ist die Person, an die sich der Gläubiger zu wenden hat.
Konkret zu deinen Fragen:
Eine Bürgschaft kann kein Anerkenntnis sein, weil bei der Bürgschaft kein eigenes Schuldverhältnis mit dem Gläubiger anerkannt wird, sondern nur in Bezug auf das eigentliche, schon bestehende Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner die eigene Haftung zusätzlich begründet wird. Das sagt über den Bestand oder Nichtbestand der Forderung/Schuld zwischen Gläubiger <-> Schuldner erst einmal nichts aus.
Bei der Schuldübernahme das gleiche: die Hauptforderung steht hier nicht in Frage, sondern nur die Möglichkeit ihrer Übertragung von Schuldner "alt" auf Schuldner "neu".
Wenn also im SV streitig ist, ob überhaupt eine Forderung besteht oder nicht, würde ich nach einem etwaigen Schuldanerkenntnis schauen. Besteht schon eine Forderung, es ist aber unklar, gegen wen sich der Gläubiger wenden kann, würde ich nach einer Bürgschaft (Haftung neben dem ursprünglichen Schuldner) oder Schuldübernahme (Haftung statt dem ursprünglichen Schuldner) schauen.
22.12.2020, 22:39
(22.12.2020, 21:44)Gast schrieb: Vielleicht hilft eine oberflächliche Unterscheidung, sozusagen ein Blick von oben:
Bei der Bürgschaft kommt zu einer Schuld ein zweiter Schuldner hinzu, der sich für den eigentlichen Schuldner zusätzlich verpflichtet. Der Gläubiger hat gegenüber dem Bürgen also vor der Bürgschaft gar keinen Anspruch, der Bürge verpflichtet sich aber als "zweiter Schuldner" neben (selbstschuldnerische Bürgschaft) oder nach dem eigentlichen Schuldner zu haften.
Das Schuldanerkenntnis gibt der eigentliche Schuldner selbst ab und bezieht sich dabei auf das Bestehen der Forderung: bestand schon vor der Erklärung eine Schuld, die er nur bestätigen will, handelt es sich um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Bestand noch keine Schuld, sondern soll erst eine neue Schuld begründet werden, ist es ein konstitutives Schuldanerkenntnis.
Die Schuldübernahme ist das Gegenstück zur Abtretung: so wie ein Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner auf einen neuen Gläubiger übertragen (abtreten) kann, kann der Schuldner seine Schuld gegenüber dem Gläubiger auf einen neuen Schuldner übertragen (Schuldübernahme). Der Unterschied zur Bürgschaft ist der, dass bei der Bürgschaft der Schuldner und der Bürge beide haften können, der Gläubiger hat also grundsätzlich zwei Schuldner, von denen er Geld verlangen kann. Bei der Schuldübernahme ist der alte Schuldner "raus" und der neue - übernehmende - Schuldner ist die Person, an die sich der Gläubiger zu wenden hat.
Konkret zu deinen Fragen:
Eine Bürgschaft kann kein Anerkenntnis sein, weil bei der Bürgschaft kein eigenes Schuldverhältnis mit dem Gläubiger anerkannt wird, sondern nur in Bezug auf das eigentliche, schon bestehende Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner die eigene Haftung zusätzlich begründet wird. Das sagt über den Bestand oder Nichtbestand der Forderung/Schuld zwischen Gläubiger <-> Schuldner erst einmal nichts aus.
Bei der Schuldübernahme das gleiche: die Hauptforderung steht hier nicht in Frage, sondern nur die Möglichkeit ihrer Übertragung von Schuldner "alt" auf Schuldner "neu".
Wenn also im SV streitig ist, ob überhaupt eine Forderung besteht oder nicht, würde ich nach einem etwaigen Schuldanerkenntnis schauen. Besteht schon eine Forderung, es ist aber unklar, gegen wen sich der Gläubiger wenden kann, würde ich nach einer Bürgschaft (Haftung neben dem ursprünglichen Schuldner) oder Schuldübernahme (Haftung statt dem ursprünglichen Schuldner) schauen.
Finde das schon sehr gut. Zusätzlich: weil bei der Schuldübernahme der alte Schuldner raus ist, aber der Gläubiger in der Regel ein Interesse daran hat, wer genau sein Schuldner ist, gibt es die besonderen Voraussetzungen in 414, 415.
Zudem gibt es noch den Schuldbeitritt, dh der neue Schuldner tritt als weiterer Schuldner hinzu mit der Folge einer Gesamtschuld (idR).
Die Abgrenzung erfolgt anhand der Auslegung der Willenserklärungen (oder der Willenserklärung)
Schuldbeitritt, in der Regel wenn der Beitretende ein wirtschaftliches Interesse hat und der Gläubiger entweder sein Einverständnis nicht erklärt (414, 415) oder den alten Schuldner nicht verlieren möchte (im Zweifel will er das nicht!!)
Schuldübernahme wenn eigenes wirtschaftliches Interesse des Schuldners und Gläubiger einverstanden ist (414, 415) und kein Interesse mehr am alten Gläubiger hat.
Bürgschaft, wenn nachrangige Haftung beabsichtigt (vorsichtig bei Verzicht auf Vorausklage! / Selbstschuldnerisch) häufig: bei persönlichem Interesse (und nicht wirtschaftlichen) für den Schuldner im Notfall einzustehen.
Abstraktes Schuldanerkenntnis entsprechend der Ausführungen oben. Zusätzlich dann abzugrenzen von dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis und der Wissenserklärung (evtl Verzicht auf Einwendungen -> insbesondere mitverschulden)
23.12.2020, 10:16
Vielen, vielen Dank für eure ausführliche Antworten.
Hmm, okay, das werde ich mir dann nochmal durch den Kopf gehen lassen.
Also letztendlich ist das Schuldanerkenntnis für sich oder für einen Dritten immr zutreffend, wenn es zuvor keine irgendwie geartete Grundlage / Forderung dafür gab (wie z.B. die Bürgschaft oder ein Sicherungsvertrag)...
Dankeschön, evtl. habe ich den Dreh jetzt raus. Super!
LG und frohe Feiertage! :rolleyes:
Hmm, okay, das werde ich mir dann nochmal durch den Kopf gehen lassen.
Also letztendlich ist das Schuldanerkenntnis für sich oder für einen Dritten immr zutreffend, wenn es zuvor keine irgendwie geartete Grundlage / Forderung dafür gab (wie z.B. die Bürgschaft oder ein Sicherungsvertrag)...
Dankeschön, evtl. habe ich den Dreh jetzt raus. Super!
LG und frohe Feiertage! :rolleyes:
30.12.2020, 17:03
"Zwar kann ich die Klausur anscheinend einigermaßen lösen, aber mir wird immer wieder angekreidet, dass die Grundlage (also Schuldanerkenntnis <> Schuldübernahme <> Bürgschaft <> Sicherungsvertrag ...) nicht die Richtige ist."
Bei einem abstrakten Schuldanerkenntnisses würde ich als Anspruchsgrundlage §§ 311, 781 BGB heranziehen; soweit der Gegenstand des abstrakten Schuldanerkenntnisses formbedürftig ist, zum Beispiel die Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstückes, daneben die entsprechenden Vorschriften. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis bewirkt dagegen nur einen Einwendungsverzicht, sodass es bei den Vorschriften über die zu Grunde liegende Schuld bleibt; also zum Beispiel § 433 BGB.
Ein abstraktes Schuldanerkenntnisses kann durchaus auch zur Bestätigung eines behaupteten Schuldverhältnisses sinnvoll sein. Denn das deklaratorische Schuldanerkenntnis führt nur zu einem Einwendungsverzicht; der Gläubiger des Schuldanerkenntnis muss aber beweisen, dass der Anspruch entstanden ist.
Bei einem abstrakten Schuldanerkenntnisses würde ich als Anspruchsgrundlage §§ 311, 781 BGB heranziehen; soweit der Gegenstand des abstrakten Schuldanerkenntnisses formbedürftig ist, zum Beispiel die Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstückes, daneben die entsprechenden Vorschriften. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis bewirkt dagegen nur einen Einwendungsverzicht, sodass es bei den Vorschriften über die zu Grunde liegende Schuld bleibt; also zum Beispiel § 433 BGB.
Ein abstraktes Schuldanerkenntnisses kann durchaus auch zur Bestätigung eines behaupteten Schuldverhältnisses sinnvoll sein. Denn das deklaratorische Schuldanerkenntnis führt nur zu einem Einwendungsverzicht; der Gläubiger des Schuldanerkenntnis muss aber beweisen, dass der Anspruch entstanden ist.
31.12.2020, 07:07
Die AGL bei abstrakten Schuldanerkenntnis ist 780, 781. 311 nimmt man hier nicht.
31.12.2020, 15:04